kathmandu

Mai 31, 2011

kathmandu. was ueber diese stadt schreiben? sie ist aehnlich verrueckt wie diese indischen staedte. aber anders. anders verrueckt. ich fuehle mich wohler hier. es ist fast genauso hektisch und laut, aber trotzdem irgendwie entspannt. im gegensatz zu indien finde ich hier schoenheit. auch noch im groesten choas und im ekligsten dreck. ich weiss nicht, woran das liegt. vielleicht ist es das klima, vielleicht die menschen, vielleicht die umgebenden berge. vielleicht bin ich einfach auch nur anders gelaunt.

das unfertige, das kaputte, der muell und der gestank. all das ist hier ueberall. aber dazwischen sind die menschen. und die bleiben im grossen durcheinander gelassen; fast stoisch und ueberwiegend froehlich. sehr sozial sind sie und friedlich; wenn nicht gerade ihre emotionen ueberkochen.

und dann sind da die farben. rot ueberwiegt in meiner erinnerung. hier vermischt sich asien mit sehr viel westlichem. viel bleibt aber auch beim alten und traditionell. aber es gibt keine einheit. unterschiedlichste volksstaemme, landvolk, stadtvolk, buddhismus, hinduismus, tibetischer einfluss, indischer einfluss… keine ahnung, einfach bunt und an jeder ecke kleine schreine, pagoden und weisse stupas mit buddha-augen.

aber alles haengt von der stimmung ab. unausgeglichen wird es zur hoelle: die armut sticht ins auge und der laerm wird untertraeglich. dann fluechte ich ins guesthouse. gut gelaunt und offen kann ich dagegen richtig eintauchen. frueh morgens und nachts klappt das am besten. dann lass ich mich treiben: durch die altstadt, durch die gassen – im gewimmel der masse, der rikschas, der motorraeder und taxis. alles in bewegung, schnell und immer schneller – ein hindernislauf und ich muss aufpassen, dass mich niemand ueberfaehrt. dann irgendwo sitzen bleiben und einen suessen milchtee von der strasse trinken. frittierte teigwaren dazu. das fett ist alt, der wok triefend schwarz verkrustet. mein magen schlaegt sich tapfer. ich esse am liebsten da, wo auch die einheimischen sind; wenn ich mich traue…

die stadt ist so aufdringlich, dass die berge schon wieder verschwunden sind. ich hoffe sie kommen zurueck. die erinnerungen und erlebnisse von dort. aber ich bin optimistisch und freue mich auf den moment, wo ich mit ein bisschen abstand zurueck auf meine reise schauen kann.

morgen breche ich auf zurueck nach indien und delhi. diese letzten tage floessen mir nochmal respekt ein. es ist wieder ein aufbruch und ein abschied von dem, was ich mir anvertraut habe.

mein zweite wanderung ist gut soweit. und auch der erste versuch um das  annapurna gebirge war gut. gut, in dem sinne mit situation konfrontiert zu sein und diese dann zu meistern. auch wenn das in den momenten manchmal sehr schwierig ist. einige freunde haben mir vor meiner reise gesagt, dass man eigentlich erst nach dem reisen weiss, was man davon hatte und was man mitnimmt. bei mir ist das aehnlich. ich schaue sehr gerne zurueck auf das, was ich erlebt habe. manchmal gelingt es mir aber auch, ganz im moment zu sein und das was um mich rum passiert, einfach aufzunehmen. der erste tag meiner jetzigen wanderung auf dem tamang heritage trail war zum beispiel so:

wege finden, die auf keiner karte zu finden sind; landschaften foermlich aufsaugen, die einfach unglaublich sind; menschen, die leben, wie vor mehr als 100 jahren; ein ganzes dorf, vielleicht 100 holzhuetten, alle zweistoeckig. unten der stall und oben die stube zum wohnen und essen. offene feuerstelle, kein kamin. der raucht zieht durch die ritzen oder haengt sich an der decke fest. alles ist schwarz vom russ, die fenster sind winzig klein. die tamang – ein nepalischer volksstamm – sitzen am boden. die kleidung der alten menschen, der frauen und kinder ist traditionell. intensive farben, gewebt. die jungen maenner kleiden sich westlich, leben aber sonst meist in den alten strukturen. frueh morgens aufstehen, um weit weg im bergwald holz zu schlagen. das ganze wird dann auf dem ruecken und ueber steilste pfade zurueck ins dorf getragen. dann lassens sie’s meistens sein mit der arbeit. selten sieht man die maenner auf den feldern. das erledigen die frauen. aber so genau kenne ich mich mit den traditionen nicht aus. zeit scheint es hier jedoch mehr zu geben. hektik sehe ich selten bis nie.

die familie stellt das zentrum allen lebens. ueberall sind kleine kinder und ausnahmslos alle haben rotznasen. und rote dicke backen. sie sind die stars hier und werden liebevoll umsorgt. sauberkeit hat bei uns einen anderen stellenwert. die menschen waschen sich und ihre kleider, dreck und schmutz ist trotzdem ueberall. es gibt keine strassen, keine boeden und erst recht keine waschmaschine; es gibt nur staub und das leben sehr nah an der natur; zusammen mit den tieren. vom dreck verkrustete fuesse, haende, gesichter und kleider; das befremdet mich teilweise. manchmal, in sehr aermlichen gehoeften, kommen mir die menschen verwahrlost vor; heruntergekommen, verbittert und auch barsch unfreundlich. meistens sind die nepalesen aber das komplette gegenteil:
ein bergvolk; nicht ueberschwinglich offen, aber offen, hilfsbereit und froehlich. oft auch ein zufriedenes und wohlwollend warmerziges laecheln im gesicht. das sind schoene erfahrungen. schoene menschen.

ich bin sehr froh, dass ich den tamang heritage trail gefunden habe. ganz wenig ist hier los. sehr viel noch ziemlich unbelassen. manchmal ist es moeglich, direkt bei den familien zu schlafen und zu essen. vieles trennt mich dann von diesen leuten. meine kleidung, mein geld, die sprache und mein ganzes verhalten. trotzdem funktionieren solche besuche irgendwie. sie sind eindruecklich machen mich gluecklich.

meine stimmungen schwanken sehr stark. das alleine reisen erlebe ich sehr vielfaeltig. manchmal gehe ich darin auf, nur fuer mich ueber einen bergkamm oder durch den wald zu laufen; die gedanken ziehen zu lassen und einfach nur zu atmen. manchmal beiss ich mich an zielen fest und auch das hat seinen reiz. alleine scheint es mir viel leichter, mit der umwelt in kontakt zu treten und sowieso, ich bin frei und kann tun und lassen, was ich will. bestenfalls entsteht dann eine zufriedenheit in der ruhe: ruhig sein; das sind mir kostbare momente.

die ruhe verwandelt sich aber gerne auch zur unruhe, zur einsamkeit und zur langeweile. das ist nicht schoen. schoen ist aber, dass ich dadurch sehr intensiv merke, was ich vermisse, was ich brauche und wohin ich will.

einige zeit ist vergangen, seit ich das obige geschrieben habe. mittlerweile hab ich das tamang gebiet verlassen und bin danach das langtang tal hinauf- und wieder hinuntergelaufen. das ist wieder ein bisschen mehr touristischer gewesen aber ich habe fast immer sehr familiaere und urtuemliche unterkuenfte gefunden. oft konnte ich in der kueche mit am feuer sitzen, zuschauen und mich einfach wohlfuehlen. krank war ich mal wieder. eine erkaeltung, weil hier soviel wind ist. ich habe sie nicht losbekommen, also musste ich langsam machen. ich bin laenger an einem ort geblieben und dann in zeitlupe gelaufen. ich uebe mich im laufen zu meditieren: also im grunde genommen einfach nur zu laufen und dabei das gestern und morgen, das denken und die sorgen sein zu lassen. aber das ist nich wirklich einfach.

mal wieder unglaublich schoene landschaften hier oben. mir faelt auf: „unbeschreiblich“ – um 4.30 uhr aufbrechen und der sonne entgegenlaufen. fuenf stunden ein unbewohntes tal hinauf. komplett alleine aber nicht einsam und dann mit grandioser aussicht in den talkessel kartoffeln mit salz als brotzeit. es gibt wenig besseres.

am nachsten tag erklimme ich mit zwei japanern einen fuenftausender. ich bin viel in gesellschaft und kann diese traveller-smalltalk begegnungen auch geniessen. aber ich bin langsam auch gesaettigt. nicht selten zaehle ich die tage rueckwarts. drei wochen sind es noch und die werden wahrscheinlich sehr schnell vergehen. eine letzte woche wandern liegt vor mir; dann nochmal kathmandu und dann zurueck nach indien und dehli.

bis bald – ich freue mich auf zuhause!