mir faellt es schwer zu schreiben. mir gehts gerade nicht so gut. ich bin nicht zufrieden. drei wochen bin ich jetzt in und um das annapurna-gebirge gelaufen. zwei treks habe ich kombiniert und habe rein von der strecke her ziemlich viel gesehen. aber die eindruecke verschwimmen. sie verfliegen, als waeren sie nicht richtig dagewesen. sie sind nicht so stark und das ist es wahrscheinlich, was mich unzufrieden macht. weil ich wahrscheinlich einfach sehr hohe erwartungen hatte: himalaya und so; die weite der berge. ich haette gedacht, dass das MEIN ort ist, dass ich da zur ruhe komme. aber eigentlich war ich die meiste zeit getrieben.

wie auf einem highway quaelen sich die touris die berge rauf und runter. inklusive mir. der foto im anschlag, die karte mit kilometer- und hoehenangabe immer parrat. freud und leid fuer die einheimischen: geld kommt in gebiete, wo sonst keines war, wo sonst alles wie vor 100 jahren ist. aber es ist eine invasion der aliens. ein kontrast, der groesser nicht seien koennte. auf der einen seite die bunten gore-tex maennchen, auf der anderen die einheimischen. beide kaempfen um ihr leben: die einen scheinbar und kuenstlich (weil sie einen 5400m pass ueberqueren muessen), die anderen existentiell (weil sie ihr feld mit holzpflug und zwei bullen bestellen muessen). wenige einheimische bekommen vom kuchen etwas ab. den uebrigen bleibt die rolle als lebendige ausstellungsstuecke, als fotomotiv einer laengst vergangen-geglaubten welt. millionenfach ziehen die reichen vorbei und hinterlassen ihrerseits die vorstellung, dass dort, wo die herkommen, alles viel viel besser ist. und wenn dann der hundertausendste touri dem bauer am wegesrand ein hochenthusiastisches „namaste“ (der nepalische gruss) entgegenwirft, dann wird das oftmals nur noch verbittert erwidert.

wir reisende selbst ziehen von ort zu ort und von guesthouse zu guesthouse, die fleissig fur uns aus dem boden gestampft werden. darin die immergleichen touristenmenues mit pizza, pasta & co. beim essen dann die immer gleichen themen: wie hoch, wie weit, wie schoen. anstrengung und erschoepfung. routenplanung und hoehenkrankheit.

da ich in die entgegengesetzte richtung als alle anderen laufe, laufe ich bloederweise auch der masse entgegen. nur in den fruehen morgenstunden bin ich alleine. manchmal gelingt es mir dann, das tempo rauszunehmen und ganz da zu sein: die unglaubliche landschaft aufzunehmen und zufrieden ruhig vor mich hinzulaufen; das sind sehr sehr schoene momente. veschlafene orte, ganz einfaches leben, hier und da eine eselskarawane oder ein paar einheimische, die zum naechsten ort laufen und unglaubliche mengen an waren transportieren. in den meisten berggebieten gibt es keine strassen. alles wird zu fuss befoerdert (zumindest war das bis vor kurzem so; jetzt sind an vielen stellen die presslufthaemmer zu hoeren, die wagemutige strassen in den felsen hauen, um die gebiete fuer jeeps und busse befahrbarzu machen; uns touris wird dadurch sehr harsch die so gesuchte romantik genommen).

leider kann ich nachts sehr schlecht schlafen. ich liege oft stundenlang wach und weiss nichts mit dieser zeit anzufangen. ich fuehle mich alleine. und irgendwann auch ziemlich ausgelaugt. ich laufe zu schnell und zu viel. mein ehrgeiz geht mal wieder mit mir durch und verhindert das, was ich eigentlich suche: ruhe.

naja. ich weiss, was ich anderes machen muss. wenn ich wieder kraft habe, gehts weiter nach kathmandu und von dort in ein weniger erschlossenes wandergebiet. dann hab ich einen neuen versuch.

von indien und nepal

April 4, 2011

drei wochen indien. auf dem weg nach nepal hats mich dann fast ein bisschen gereut, dass ich jetzt schon gehe. im bus sass ich mal wieder und liess einen ort nach dem anderen an mir vorbeiziehen. ueberall bewegung und leben. alles bunt. alles aber auch einfach. das meiste heruntergekommen und ueberll muell, auch wenn die inder gerne kehren: auf die strasse oder zum nachbarn. manchmal wird der muell verbrannt.

viele menschen. viele tiere. alles scheint sich auf der strasse abzuspielen. in der hitze, im staub und im laerm der hupen und der knatternden rikschas. ueberall verkehrschoas. alles was fahren oder laufen kann, wird zum transport verwendet. jeder zentimeter platz wird ausgenutzt. 4 leute auf einem motorrad, 20 in und auf einem jeep und 1000 ziegelsteine auf einer fahrradrikscha.

manche menschen arbeiten hart, manche schauen den arbeitenden zu, manche lassen fuer sich arbeiten. das scheint billig, es gibt sehr viele arme menschen. das menschenknaeuel wirkt wie ein grosses ganzes, aber untereinander gibt es sehr klare grenzen und eine auesserst autoritaere struktur. die kaste, das geld, das familenoberhaupt befehlen. die darunter muessen gehorchen. frauen sieht man kaum. geschaetze 95% des oeffentlichen lebens bestreiten die maenner. sie sind geschaeftig und gewieft. es geht um den eigenen vorteil. es ist eine eigenartige mischung. auf der einen seite hitziger streit und menschliche haerte, auf der anderen seite gutmuetiges leben und lebenlassen.

fast alle sind sehr religioes. ueberall tempel und betende menschen.  100.000 goetter, traditionen und riten. der geruch verbrannten fleisches haengt mir noch immer nach. in varanassi werden die gestorbenen oeffentlich verbrannt.

den europaeische anspruch auf persoenliche freiheit gibt es hier nicht. aber auch keine monotone menschenmasse, die depressiv schweigend und abgeschottet  in der ubahn zur arbeit faehrt. hier sitzt jeder auf jedem. eine klebrige angelegenheit. alle zusammengepfercht, alle irgendwie in kontakt. es gibt soviele menschen, dass wahrscheinlich niemand auch nur irgendwann alleine ist. von geburt an immer in gesellschaft. aber vielleicht ist das auch nur mein persoenlicher eindruck, weils mich belastet. die inder nehmen das hingegen stoisch hin. sie sind unglaublich zaeh. auch eine 16 stuendige busfahrt in einem klapprigen bus ist keiner rede wert. so ist das fuer sie. so funktioniert ihre welt. und diese welt hat ihre ordnung. auch wenn ich sie nicht verstehe.

mittlerweile bin ich in nepal. an der grenze erwischts mich dann wieder. 3 schlaflose naechte bei durchfall und bis zu 40 grad fieber in einem dunklen guesthouse. die meiste zeit kein strom, aber die familie war nett. irgendwann will ich nur noch raus aus diesem loch am highway. fuer die knapp 200km nach pokhara braucht der bus 8 stunden. ich bin fertig und total entnervt und finde alles scheisse, lande aber schliesslich trotzdem irgendwie in einem hellen hotelzimmer inmitten einer touristenhochburg. alles ist westlich. pizza, pasta & co. alles kann man kaufen. alles dreht sich um trekking, rafting und paragliding. mehr touris als einheimische. ein ganzer stadtteil nur guesthouses, hotels und restaurants. eingerahmt von einem wunderschoenen panorama. ein grosser see und berge, soweit das auge reicht. dahinter – wenn man glueck und klare sicht hat –  die strahlend weissen gipfel der 8000er.

anfangs tut mir das gut. ich kann mich erholen und meine stimmung steigt. ich suche nach kontakten und infos fuer eine laengere trekkingtour. auch mountainbiken ist vielleicht moeglich…

aber pokhara ist ein eigenartiger platz. das daemmert mir ziemlich schnell. wie ein aquarium oder ein zoo. darin: nepal, schoen aufbereitet fuer die massen von touristen. und dadurch geht das unmittelbare drin-sein verloren. ich bin jetzt schon ein paar tage hier, habe aber keinerlei kontakt zu diesem land. auf einer tageswanderung, die mich abseits aller touristenpfade und durch unbeschreibbar schoene kulturlandschaft fuehrt, bin ich kurz beeindruckt, bleibe aber irgendwie abgeschottet. zurueck im nahen pokhara verblassen die eindruecke vollends.

ich moechte diese kommerzialisierten pfade verlassen. aber das ist nicht so leicht und vielleicht so schnell auch gar nicht moeglich. sie geben naemlich natuerlich auch sicherheit. und diese brauche ich fuer den anfang. gerade beim wandern im hochgebirge. deshalb werde ich mit einer stark erschlossenen wanderroute beginnen. mal schauen, wie das dann wird. ich hoffe auf mehr kontakt zu nepal, weiss aber gerade nicht genau, wie ich dazu kommen kann. naja. vielleicht braucht das einfach auch seine zeit…